Flugdurchführung/IFR
IFR Fliegen in Frankreich

Allgemeines

Grundsätzlich gibt es zum Thema "IFR in Frankreich" etwas weniger Besonderheiten als zum Thema VFR; die Controller sprechen mittlerweile alle ein sehr ordentliches Englisch und die Sprechgruppen sind weitestgehend internationaler Standard. Ohnehin kann man sagen, dass die Standardisierung im Bereich IFR international größer ist als bei VFR. Dennoch gibt es ein paar Besonderheiten.

Einige Inhalte aus dem Kapitel "Luftraumstruktur" sind auch für dieses Thema relevant, denn die Luftraumstruktur bildet die Grundlage für einige Verfahrensunterschiede gegenüber dem IFR-Fliegen z.B. in Deutschland und zwar insbesondere, was die Enroute-Phase betrifft. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Unterschiede bei An- und Abflügen von kleineren Flugplätzen. Diese haben vor allem damit zu tun, dass es in Frankreich keine Flugleiterpflicht gibt, weder für VFR, noch für IFR. Doch dazu gleich mehr.

Einführend sei nur noch gesagt, dass die Infrastruktur für das IFR-Fliegen mit GA-Flugzeugen in Frankreich sehr gut ist. Insbesondere haben auch viele mittelkleine "Provinzflughäfchen" sogar ein oder mehrere Instrumentenanflugverfahren. Allerdings: viele dieser Plätze haben in den letzten Jahren aus Kostengründen ihr ILS verloren (z.B. Béziers, Annecy, Carcassonne, Dinard, Lyon-Bron, Nancy, etc.). Aber: diese wurden fast überall durch GPS-Anflüge (und zwar in fast allen Fällen mit LPV) ersetzt, so dass für die GA eigentlich kaum ein "Schaden" entstanden ist. Das Ganze macht ja auch Sinn, denn ILS-Systeme sind im Unterhalt sehr teuer, und jetzt, wo man nahezu diesselben Minima auch mit GPS-Equipment erfliegen kann, ergibt sich natürlich ein großes Sparpotenzial. Nur an den Verkehrsflughäfen werden die ILS-Systeme bestehen bleiben, sowie außerdem dort, wo der Flughafen selbst für die Unterhaltskosten aufkommt. Man sollte somit, wenn man ernsthaft in Frankreich IFR fliegen möchte, unbedingt ein approach-zugelassenes GPS an Bord haben, idealerweise mit WAAS. Aber das haben ja mittlerweile die allermeisten. Ab 2030 soll dann sogar gelten, dass bei CAT1-Bedingungen grundsätzlich gar keine ILS-Anflüge mehr "zulässig" sind, außer in "Ausnahmesituationen". Wie das dann wirklich kommen wird, wird man sehen.

Zweiter Punkt, den man aber beachten muss, wenn man IFR an die etwas kleineren Plätze fliegt: diese haben zwar generell einen AFIS, also einen besseren "Flug-/Betriebsleiter", der den IFR-Betrieb in vollem Umfang erst ermöglicht. Allerdings machen diese in den meisten Fällen eine Mittagspause und auch abends meist relativ früh Schluss. Viel mehr noch ist es an vielen Plätzen so, dass es aus Kostengründen am Wochenende per se gar keinen AFIS gibt. Außerhalb der AFIS-Zeiten darf man zwar an- und abfliegen, in den meisten Fällen auch IFR, aber Intrumentenanflüge unterliegen dann gewissen Einchränkungen. Dazu gleich noch mehr.

Vorab etwas zu den Karten: leider veröffentlichen die Franzosen ihre IFR-Karten nicht in einem Abschnitt "Charts" der AIP, sondern hängen diese an den Abschnitt "AD", also den Textteil, hinten dran. Das führt zum einen dazu, dass einige Leute diese Karten manchmal verzweifelt suchen und nicht finden.. Vor allem aber sorgt es dafür, dass Programme wie Skydemon diese Karten nicht georeferenzieren können und daher keine overlay auf der normalen Skydemon-Karte möglich ist.

Enroute

Grundsätzlich muss hier zwischen IFR im kontrollierten Luftraum und IFR im unkontrollierten Luftraum unterschieden werden. Wer stets im kontrollierten Luftraum fliegen möchte, muss einfach nur in FL70 oder darüber fliegen und sich an die Airways halten (deren Untergrenze zumeist - außer natürlich in den Bergen - bei FL65 liegt). Soweit alles standard.

Vielmehr ist das IFR-Fliegen im unkontrollierten Luftraum jenes unbekannte Wesen, dem wir uns nun aber etwas nähern müssen. Es gilt ja allgemein: im kontrollierten Luftraum (A, C, D, und E) benötigt man eine Freigabe, im unkontrollierten Luftraum (G) benötigt man keine. Dies bedeutet aber nicht, dass es im letzteren Fall keine Regeln einzuhalten gibt. Zum Beispiel erfordert jeder IFR-Flug in Frankreich einen Flugplan, egal in welchem Luftraum er stattfindet. Zweitens ist während IFR-Flügen oberhalb von 3000 Fuß MSL, auch im Luftraum Golf, ständiger Funkkontakt zu ATC vorgeschrieben (es ist also nicht, wie z.B. in UK, erlaubt, ganz ohne Funkkontakt nach Instrumentflugregeln zu fliegen).

Da es im unteren Luftraum Frankreichs nur wenig Luftraum Echo gibt (und daher der Großteil bis FL115 Klasse G ist), bewegt man sich "auf Strecke" recht häufig mal länger im unkontrollierten Luftraum. Und zwar immer dann, wenn man nicht genau auf einem Airway entlang fliegt, sondern auf einem "Direct". Man unterliegt in dem Augenblick, wo man im unkontrollierten Luftraum ist, wie gesagt keiner Freigabepflicht, man ist aber eben auch grundsätzlich selbst verantwortlich, für z.B. für das Ausweichen gesperrter oder beschränkter Lufträume. Aber keine Angst: man wird nicht einfach alleine gelassen mit seinen Problemen (so wie es teilweise in UK der Fall ist). ATC (mit denen man ja ohnehin in Funkkontakt steht) kümmert sich genauso mit Hinweisen wie es im kontrollierten Luftraum der Fall ist, nur eben formal in Form eines Flight Information Services. Was Verkehr angeht, so erhält man Hinweise und auf Wunsch auch Ausweichempfehlungen. Man bekommt somit als Pilot häufig von dem Wechsel zwischen Flug im kontrollierten und unkontrollierten Luftraum überhaupt nichts mit und es gibt dabei auch keinen Frequenzwechsel oder Ähnliches. Mit anderen Worten: die zuständigen Flugsicherungsdienste für Flüge innerhalb und außerhalb des kontrollierten Luftraums sind miteinander verzahnt und in der Regel sogar identisch. Häufig wird man sich dieser großen unkontrollierten Lufträume im unteren Höhenband erst bewusst, wenn man z.B. den Sinkflug für den Landeanflug requestet und der Lotse dann nur sagt "descend at your discretion, uncontrolled airspace below". Für deutsche Piloten oft etwas ungewohnt.

Allgemein ist es allerdings so, dass Lotsen von sich aus nur selten Short-Cuts erteilen, welche das Flugzeug aus dem kontrollierten Luftraum heraus in den unkontrollierten Luftraum führen. Dies, weil sie befürchten, dass der Pilot dies nicht weiß und möglicherweise eine Staffelung erwartet. Daher: manchmal muss man etwas hartnäckig verhandeln; es hilft, dabei ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es OK ist, zeitweise durch den unkontrollierten Luftraum zu fliegen. (Dennoch kann es sein, dass ein Direct manchmal verwehrt wird; oft hat das eben damit zu tun, dass man bei dem requesteten Direct dann durch ein Beschränkungsgebiet fliegen würde. Sie sehen, ATC denkt da in Frankreich gut mit).

Da IFR im Luftraum Golf erlaubt ist, ist es auch nicht notwendig, bei Flügen zu Plätzen ohne Instrumentenverfahren IFR zu canceln (wie das in Deutschland der Fall ist). Man kann ganz einfach nach IFR bis zur Landung weiterfliegen, auch wenn es keine veröffentlichten IFR-Verfahren gibt (dazu später mehr). Genauso beim Start: Hier fliegt man auf Wunsch von Anfang an nach IFR, muss aber dann selbst zunächst selbst für die Hindernisfreiheit sorgen.

Folglich ist es daher auch möglich, die Flugpläne für solche Flüge komplett als "India-FPLs" aufzugeben. Zulu- und Yankee-Flugpläne sind nicht unbedingt notwendig, aber natürlich trotzdem möglich. (Es gibt hierzu ein paar wenige Ausnahmen in Frankreich).

Wenn man IFR im Luftraum Golf unterwegs ist, muss man lediglich die entsprechende Mindestflughöhe für IFR im unkontrollierten Luftraum einhalten. Sie beträgt - außer für Start und Landung - 1000 Fuß AGL oder 3000 Fuß MSL (ja nachdem was höher ist, also in Flachland in der Regel 3000 Fuß MSL). In den Bergen ist das absolute Minimum 2000 Fuß GND. Diese Regelung entspricht aufgrund des 3000 Fuß MSL-Minimums nicht exakt den ICAO- bzw. SERA-Minima (wobei SERA den nationalen Behörden ja ausdrücklich des Festlegen größerer Mindestflughöhen erlaubt).

Worauf die französische ATC bzw. FIS aber bei IFR im unkontrollierten Luftraum ziemlich achtet, ist die Einhaltung der Halbkreisflughöhen. Es kommt also schon mal vor, dass man etwas angerüffelt wird, wenn man nicht auf der richtigen Halbkreisflughöhe unterwegs ist. Auch das ist für z.B. deutsche Piloten eher ungewöhnlich (weil es eben hierzulande keinen Streckenflug im unkontrollierten Luftraum gibt).  

Praktisch heißt das (für das Flachland): ostwärts ist 3000 Fuß MSL das IFR-Minimum, westwärts ist FL40 das Minimum für das Fliegen nach IFR im Reiseflug. Allerdings gibt es zwei Schwierigkeiten: erstens ist es so, dass man sich im Höhenband zwischen 3000 Fuß und FL70 mit sehr vielen Restricted Areas auseinandersetzen muss. Noch mal zur Erinnerung: diese zu meiden ist im unkontrollierten IFR-Flug grundsätzlich Pilotensache. Das macht die Sache etwas anspruchsvoller. Daher: wenn es wettertechnisch geht (Thema Eis!) sollte man es vorziehen, eher in oder oberhalb von FL70 zu fliegen; das ist deutlich entspannter. Das andere Problem ist, dass Eurocontrol das Aufgeben von IFR-Flugplänen unterhalb von FL70 kaum zulässt. Daher muss man den Flugplan in der Regel für FL70 oder höher aufgeben und dann im Flug ATC mitteilen, dass man tiefer, und somit im unkontrollierten Luftraum, fliegen möchte.

Soviel zum Thema "IFR im unkontrollierten Luftraum". Im kontrollierten Luftraum hingegen läuft alles wie gewohnt ab, sprich man tut mehr oder weniger einfach nur das, was man von ATC gesagt bekommt. Diesbezüglich noch ein Wort zu Durchflügen der Pariser TMA. Diese werden in aller Regel im unteren Luftraum (unter FL200) nicht erlaubt. Plant man also einen IFR-Flug, der den Großraum Paris betrifft, so sollte man von Anfang an davon ausgehen, großräumig drum herum geführt zu werden. Es gibt ohenhin keinerlei Lower Airways, die den Großraum Paris kreuzen. Oberhalb von FL200 sieht es hierfür etwas besser aus.

Generell sollte man sich vor IFR-Flügen in Frankreich ruhig einmal nicht nur das Kapitel ENR 1.3 (Instrument Flight Rules) anschauen, sondern auch mal das Kapitel ENR 1.5 (Holding, Approach and Departure Procedures). Hier ein paar Punkte daraus:

Anflüge

Bei den Intrumentenanflugkarten aus der AIP ist es so, dass manche Anflugverfahren auf zwei Blättern verteilt dargerstellt, einmal den Initial Approach ("INA") und einmal den Final Approach ("FNA"). Das macht es auch nicht gerade bequem. Siehe z.B. den RNP-Approach in Colmar LFGA.

Und noch was: bei manchen Anflugblättern werden oben nicht die relevanten Frequenzen aufgelistet, sondern dort auf die COM-Aufstellung im Textteil des AD-Abschnitts verweisen, also zwar desselben Dokuments, aber im Flug ist es natürlich äußerst unpasslich, wenn man schnell eine Frequenz braucht und dann auf seinem iPad durch das manchmal sehr lange pdf-Dokument scrollen muss.

All diese Problemchen haben User der (teuren) Jeppesen-Charts (welche sich zudem ja seit 2024 im Wesentlichen nur noch über das ebenfalls sehr teure und nicht bei allen beliebte Foreflight darstellen lassen) nicht.

Fliegerisch gibt es bei IFR-Anflügen auf "große" Plätze in Frankreich nahezu keine nennenswerten Besonderheiten. Interessant wird es eher bei den etwas kleineren. Zum einen, wie schon oben gesagt, haben die meisten von Ihnen in den letzten Jahren Ihre ILS-Systeme verloren und man muss mit RNP-Anflügen vorlieb nehmen. Weitere Besonderheiten:

Zum einen: grundsätzlich sind in Frankreich IFR-Anflüge nicht nur auf Plätze mit aktiver ATS-Stelle (also entweder TWR oder AFIS) möglich, sondern auch auf Plätze ohne aktive ATS-Stelle (also am Funk komplett unbesetzte Plätze). Beispiel: Fliegt man während der Mittagspause des dortigen AFIS-Personals nach Reims (LFQA), wird man lediglich von Seine Control entlassen (es gibt dort nicht mal eine Approach-Clearance, denn es ist ja in der Umgebung der Flugplatzes alles unkontrollierter Luftraum), dazu bekommt man noch das QNH eines nahen Flughafens (hier: Orly). Man fliegt dann das Intrumentenanflugverfahren (IAP) selbständig gemäß Anflugkarte ab. Im Laufe des Instrumentenanflugs wechselt man auf die lokale Platzfrequenz. Auf dieser kündigt man lediglich über Funk seine Positionen und Absichten mit (dann allerdings auf Französisch) und landet schließlich. Mehr Fliegerfreiheit geht wohl in Europa kaum. Es gibt auch einige Plätze, wo es überhaupt gar keinen ATS, wohl aber Instrumentenverfahren gibt. Dort läuft es dann immer wie oben dargestellt.

Bei kleineren IFR-Plätzen, die im unkontrollierten Luftraum liegen, werden anfliegenden Maschinen auch keine Vektoren auf den Endanflug angeboten. Das bedeutet, dass man häufig nach Standardverfahren fliegen muss; man sollte sich darauf etwas vorbereiten. Ein klassisches Beispiel hierfür ist auch Colmar: man bekommt in der Regel von Basel Approach oder Strasbourg Approach früher oder später einen Direct zu einem der IAFs und fertig. Den Anflug fliegt man dann schlicht nach dem veröffentlichtem Procedure. Eine Clearance für den Approach selbst gibt es dort auch nicht (weil es im Approach keinen kontrollierten Luftraum zu durchfliegen gibt)..

Es gibt aber auch einzelne IFR-Plätze in Frankreich, an denen Instrumentenanflüge ohne aktive ATS-Stelle nicht zulässig sind; dies ist dann aber auf der Anflugkarte klar vermerkt (z.B. Mende-Brenoux, LFNB oder Grenoble-St. Geoirs, LFLS). Das hat in den meisten Fällen damit zu tun, dass es keinen nahegelegenen anderen Flughafen gibt, der ein ausreichend genaues QNH für einen Instrrumentenanflug liefern kann. Um dem abzuhelfen, haben wiederum einige solche Plätze ein "système pour la transmission automatique des paramètres", abgekürzt "STAP", was mit den US-amerikanischen AWOS- bzw. ASOS-Stationen vergleichbar ist. Mehr Generelles dazu auch in Abschnitt AD 1.1 der AIP. In Colmar (LFGA) gibt es z.B. ein STAP. In Mende (LFNB) z.B. allerdings nicht. Daher: gilt dort: kein ATS = kein IFR-Anflugverfahren erlaubt. Letztere Fälle sind aber die absolute Ausnahme.

WICHTIG: Ist das Anflugverfahren bei Abwesenheit des ATS zugelassen (was wie gesagt an den meisten Plätzen der Fall ist), so ist der Instrumentenanflug dann zwar grundsätzlich erlaubt; der Pilot muss dann allerdings den Endanflug bei Erreichen von VMC abbrechen und zunächst - wie auch die VFR-Flieger - in den overhead ("verticale terrain") gehen*, um vor der Landung die Betriebsflächen, den Windsack und das Signalfeld begutachten zu können. Danach muss man an den Anfang des Gegenanflugs der auserwählten Piste fliegen und dann erst nach Abfliegen der Platzrunde landen. Der IFR-Verkehr muss also im letzten Abschnitt, obwohl er weiterhin nach IFR unterwegs ist, zwingend die VFR-Verfahren für diesen Platz befolgen. "Straight-in" nach einem Instrumentenanflug ist somit qua Gesetz nicht erlaubt, auch wenn am Platz z.B. aufgrund des Wetters nichts los ist. Das gilt auch dann, wann man auf der selben Piste landet, auf die man angeflogen ist.

Das hört sich alles etwas kompliziert an; wenn man aber darüber nachdenkt, macht es einen gewissen Sinn. Wie gesagt: wir sprechen ja hier von Flugplätzen ohne jede Art von „Flug-/Betriebsleiter“ vor Ort. Trotzdem muss am Ende natürlich, Reglement hin oder her, selbt entscheiden, was das sicherste Verfahren ist.

* Streng genommen darf laut Reglement ein IFR anfliegender Pilot auch dann nicht diesen "overhead-Teil" auslassen, wenn er anhand des Platzfunks anderer Piloten bereits vorab zweifelsfrei die Betriebspiste feststellen konnte (so wie es für VFR gilt)!

Alternativ kann der IFR-Pilot natürlich stets auch von Anfang an einen Visual Approach fliegen. Im kontrollierten Luftraum ist hierfür eine Freigabe erforderlich; im unkontrollierten nicht, sondern er entscheidet selbt. Auch hierzu steht explizit in der AIP, dass der Pilot (bei Plätzen ohne aktiven ATS) in diesem Fall die VFR-Verfahren zu befolgen hat, sprich ggf. Überflug des Platzes wenn möglich oberhalb der Platzrundenhöhe und Prüfung des Windsacks, des Signaldreiecks und des Zustands der Betriebsfläöchen, um die Entscheidung über die Landerichtung zu treffen und etwaige Gefahren abzuschätzen. Dann wiederum Einflug in die Platzrunde über den Anfangspunkt des Gegenanflugs.

In einzelnen Fällen gibt es auch veröffentlichte VPT-Verfahren (Visual Maneuvering with Prescribed Track) bzw. MVI-Verfahren (Manoeuvre à Vue Imposé), also an den eigentlichen Instrumentennflug anschließende Sichtmanöver mit präzise vorgeschriebenem Kurs. Ein Beispiel hierfür ist wiederum Colmar, wo dieses auf einem separaten Anflugblatt dargestellt ist. Dieses ist dort bei Segelflugbetrieb vorgeschrieben.

Zum Thema „IFR Cloudbreak-Verfahren für Landungen auf nahen VFR-Plätzen“: Dies ist in Frankreich absolut möglich. Man fliegt IFR z.B. ein ILS herunter; sobald man dann in (zumindest Special-) VFR-Konditionen ist, cancelt man IFR, fliegt dann VFR (oder eben ggf. zunächst SVFR) zu seiner Destination weiter. Ist so etwas von Anfang an so geplant, empfehle ich immer, den "IFR-Platz" als Destination im Flugplan anzugeben, und den "wahren" Zielplatz als Alternate. Im Anflug sollte man den Approach- bzw. Tower-Lotsen der "IFR-Platzes" natürlich von seinen Absichten an einem anderen Platz zu landen rechtzeitig informieren.

Abflüge

Auch hierbei gibt es in Frankreich ein paar interessante Facetten, besonders bei Abflügen von Plätzen mit aktivem TWR.

Im Fall eines IFR-Abflugs von einem Platz mit aktiver ATS-Stelle (also entweder TWR oder AFIS) ist, wie in Deutschland, eine Startup-Clearance einzuholen, wobei Parkposition und Flugziel zu übermitteln sind.

Zum Thema IFR-Clearance: an manchen Plätzen wird man bei Erteilung der taxi clearance gebeten, sich x Minuten (meist fünf) vor Abflugbereitschaft zu melden. Erst dann bekomt man die ATC-Clearance. 7

Außerdem ist es so, dass man nicht - wie in Deutschland - ein "cleared to XXXX, ..." gesagt bekommt. Man bekommt in Frankreich nur eine Departure Instruction (meist eine SID), eine Initial Altitude und einen Squawk.

Bei IFR-Abflügen gibt es weiters die Besonderheit, dass wenn man eine SID fliegt, man beim ersten Kontakt mit dem Approach-Controller den Namen der SID angeben muss (neben natürlich der geclearten Höhe).

Interessant ist auch, dass SIDs etc. im unkontrollierten Luftraum lediglich eine Empfehlung darstellen, mehr aber nicht. Dazu haben viele Plätze gar keine SIDs, sondern lediglich Verfahren für eine "omnidirectional departure". Diese stehen dann im AIP-Eintrag (Abschnitt "AD") des entsprechenden Platzes.

Natürlich sind auch ohne ATS und auch veröffentlichte Abflugverfahren IFR-Abflüge möglich. Bei einigen Plätzen mit ATS ist es so, dass bei Abflügen zu Zeiten, wo der ATS nicht aktiv ist, die IFR-Clearance schon am Boden über Telefon eingeholt werden kann und auch soll. Ein Bespiel hierfür ist Nancy (LFSN). Siehe dazu ebenfalls den jeweiligen Abschnitt "AD" der AIP. In anderen Fällen kann man per Telefon den SIA anrufen und sich dort anlassbereit melden. Man wird dann mit der zuständigen ATC Unit verbunden und erhält ebenfalls dann schon mal die Frequenz, Squawk und das erste anzufliegende Fix. Man kann aber natürlich auch einfach erstmal starten und dann alles in der Luft regeln.

Die IFR-Mindesthöhen

Ganz grundsätzlich gilt (ICAO- und SERA-gemmäß), dass das IFR-Fliegen  - abgesehen von Start und Landung - ab einer Höhe von 1000 Fuß über Grund (2000 Fuß über den Bergen) erlaubt ist. Im Reiseflug aber muss die Flughöhe mindestens dem jeweils höheren Wert aus 3000 Fuß über MSL und 1000 Fuß AGL betragen (siehe dazu auch weiter oben) .

Wenn man allerdings im kontrollierten Luftraum verbleiben will, müssen Enroute natürlich grundsätzlich die Mindesthöhen der beflogenen Airways (MEAs) eingehalten werden. De facto liegen diese – zumindest außerhalb der Berge – wie oben beschrieben in Frankreich meist bei FL70 und nur selten etwas darunter. Da man ja aber auch außerhalb des unkontrollierten Luftraums IFR weiterfliegen kann (z.B. bei Vereisung), geht es grundsätzlich auch tiefer, bloß dann eben unkontrolliert (siehe ebenfalls weiter oben).

Halbkreisflugregel & Transition Altitude

Für IFR-Flüge in Frankreich ist die Standard-Halbkreisflugregel bindend. Diese ist in der AIP unter ENR. 1.7.5 und 1.7.7 wiedergegeben. Sie gilt grundsätzlich auch innerhalb des kontrollierten Luftraums; dort kann ATC allerdings selbstverständlich Ausnahmen gewähren. Außerhalb des kontrollierten Luftraums ist dies natürlich nicht möglich; hier ist allein der Pilot verantwortlich.

Die Transition Altitude in den TMAs beträgt allgemein 5000 Fuß. Es gibt aber Ausnahmen; diese sind für betroffene TMAs auf den IACs der im Bereich der TMA liegenden Plätze angegeben. Der  Transition Level wird natürlich jeweils von ATC auf Basis des herrschenden Luftdrucks bekanntgegeben. Außerhalb der TMAs beträgt die Transition Altitude grundsätzlich 3000 Fuß. Ich empfehle aber, aufgrund der großen Dichte an TMAs in Frankreich (um stets einen genauen Höhenabgleich zu ermöglichen) stets bis inkl. 5000 Fuß nach QNH zu fliegen.

Verschiedenes

- Es gelten die üblichen Grundsätze zum Thema ATFM (Slots, CTOT, etc.), also auch bezüglich der Vorlaufzeit für die Aufgabe von IFR-Flugplänen. Nach meiner Erfahrung ist aber unabhängig davon (wie in Deutschland) eine Stunde immer völlig ausreichend. Bei direkter Einspeisung ins IFPS (Autorouter, etc.) reichen in der Praxis erfahrungsgemäß sogar ein paar Minuten.

- Sobald klar ist, dass die EOBT (also die vorgesehene Zeit für das Abrollen) um mehr als 15 (!) Minuten überschritten wird, ist eine delay-message zu übermitteln

- Folgende Airports in Frankreich sind derzeit „koordiniert“ im Sinne der Verordnung 793/2004, sprich, sie erfordern für IFR-Flüge einen Airport-Slot: Paris-Orly (LFPO), Paris Charles-de-Gaulle (LFPG), Lyon St. Exupéry (LFLL) und Nice – Côte d’Azur (LFMN), Marseille (LFML), Nantes (LFRS), Basel (LFSB) und Toulouse (LFBO). Außerdem saisonweise auch Cannes (LFMD), Annecy (LFLB), Chambery (LFLB), Ajaccio (LFKJ) und Figari (LFKF). Für Details gibt es stets ein aktuelles AIC dazu.

- Was den Flugfunk betrifft, so sind in Frankreich auch bei IFR sowohl Englisch als auch Französisch zugelassen. Daher hört man auch von IFR-Crews mitunter recht viel französischen Funk. Tendenz allerdings abnehmend.

- Die Lost-Comm-Verfahren bei IFR in Frankreich entsprechen prinzipiell dem ICAO-Standard.

- Gebührentechnisch besteht in Frankreich bei einem IFR-Flug insofern kein Unterschied zu VFR-Flügen, als dass an den allermeisten Plätzen mit IFR-Anflügen keinerlei gesonderte IFR-Anfluggebühren erhoben werden; Streckengebühren gibt es bei Luftfahrzeugen unter zwei Tonnen MTOW ohnehin nicht.

Wie immer: es steht alles in der AIP

Wer sich direkt mit den Regularien des IFR-Fliegens in Frankreich beschäftigen möchte, dem seien insbesondere folgende AIP-Abschnitte ans Herz gelegt. ENR 1.1 (“General Rules”), ENR 1.3 (“Instrument Flight Rules”) und ENR 1.7 (“Altimeter Setting Procedures”).  


© Philipp Tiemann
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